Samstag, 14. Februar 2009, 19:30 Uhr

Luftmentschn

Musikalische Gruselgeschichten aus aller Welt

Die „Luftmentschn“ entführten das Publikum der Kulturscheune auf einen wilden musikalischen Ritt durch verschiedene Genres und sämtliche Kontinente

Die „Luftmentschn“ entführten das Publikum der Kulturscheune auf einen wilden musikalischen Ritt durch verschiedene Genres und sämtliche Kontinente

Mit Hackbrett, Violine, Akkordeon und Kontrabass betreten die „Luftmentschn“ die Bühne der Schnaittacher Kulturscheune, um dort ihr neues Programm „Gruselett“ zu präsentieren. Was die vier Musiker ihren Instrumenten dann virtuos entlocken, ist alles andere als gewöhnlich: Von traditionell bayerisch über spanisch temperamentvoll bis hin zum orientalischen Tanz – die Münchner beherrschen all diese Genres perfekt. Eine spannende Mischung, die funktioniert und, gespickt mit unverwechselbar bayerischem Humor, das Publikum ausgezeichnet unterhält.

„Gruselig angehaucht“ sei das neue Album, erklärt Kontrabassist Michael Fenzl gleich zu Beginn des Programms. Für Gänsehaut sorgen nicht nur das Quietschen, das Florian Starflingers Violine entspringt, sondern auch die Texte des österreichischen Schriftstellers, Martin Kolozs: kommen die Stücke doch mit Titeln wie „Galgenlied“, „Spanischer Hexentanz“ oder „Tanz mit dem Teufel“ daher.

„Der Bammelmann“ ist der Name, den die Vier für den Boanlkramer oder auch Tod gefunden haben und gleichzeitig der Titel des ersten Liedes, das sie vierstimmig mit bayerischem Akzent präsentieren. Es folgen ein furioser ungarischer Tanz und das Stück „Irish Green“, das tatsächlich in die satten Täler und Weiten der grünen Insel entführt.

Als „finest acoustic art“ oder einfach „Weltmusik" bezeichnen die „Luftmentschn“ ihren speziellen Stil und finden damit eine Bezeichnung für ihre bunte musikalische Reise durch alle Kontinente. Eine genauere Einordnung ihrer Musik ist ohnehin nicht möglich, mischen sie doch fleißig unterschiedlichste Stile von jiddischem Klezmer, Polka oder Tango bis hin zum Jazz mit einem Funken Ska.

Dementsprechend vielseitig sind auch die musikalischen Hintergründe der vier Bandmitglieder. Zwar haben alle Musik studiert, doch hatte es sie zunächst in unterschiedliche Richtungen verschlagen: Die beiden Brüder Rainer und Thomas Gruber kommen aus dem Bereich der Volksmusik und spielen neben Akkordeon und Hackbrett auch auf der Gitarre und dem Cajon, einem Schlaginstrument aus Südamerika. Michael Fenzl, der auch optisch unverkennbar dem Rock entsprungen ist, mit schräger Frisur und Lederarmband, beherrscht virtuos seinen Kontrabass. Und schließlich Florian Starflinger, der gerne in Sakko und kurzen Hosen auftritt und eine klassische Ausbildung auf Violine und Viola absolviert hat.

Anders als gewohnt und wie bei ihrem ersten Auftritt in der Kulturscheune vor rund zwei Jahren, treten die „Luftmentschn“ dieses Mal nicht barfuß auf. Der Name der Gruppe stammt aus dem jiddischen und bedeutet soviel wie „arme Menschen“, was die Musiker dazu veranlasste ihr erstes Album passend „Barfuß durch die Weltmusik“ zu betiteln. Doch auch mit Schuhen sind die vier Münchner nicht minder originell.

Weiter geht es mit einer Stammtisch-Geschichte aus dem Wirtshaus „die ja bekannterweise immer der Wahrheit entsprechen“, sagt Starflinger und singt von einem Mann, der nacheinander seine Frauen umbringt und sie Stück für Stück verschwinden lässt. Selbstverständlich immer wieder mit einer gehörigen Portion Humor, der die Zuschauer ein ums andere Mal zum Schmunzeln und herzhaftem Lachen bringt.

Bei den „Luftmentschn“ geht manchmal alles drunter und drüber

Bei den „Luftmentschn“ geht manchmal alles drunter und drüber

„Drunter und drüber“ geht es, wie der Titel schon verspricht, als sich alle vier Musiker gleichzeitig an den Kontrabass setzen. Der eine zupft, der andere klopft und ein dritter schabt mit dem Bogen über die Saiten und zusammen ergibt sich ein wohlklingendes Chaos. Geordneter geht es zu bei einem französischen Walzer, der allerdings aus Niederbayern stammt, wie die Vier betonen.

„Wir machen übrigens gerne Musik, vielleicht merkt man das“, sagt Florian Starflinger in der Pause, ohne dass diese Anmerkung tatsächlich nötig gewesen wäre. Denn ihren Gesichtern sieht man es beim Spielen genauso an wie der abgestimmten, dezenten Choreografie, die man am besten dann sieht, wenn sich alle vier in eine Reihe aufstellen und die Klänge der transsibirischen Eisenbahn nachahmen, mit all ihrem Schnauben und Quietschen und Rattern und Stöhnen, bis sie am Ende aus voller Fahrt eine Vollbremsung hinlegt.

Das Publikum in Schnaittach jedenfalls ist begeistert von dieser ungewöhnlichen Melange aus exotischen und heimischen Instrumenten sowie aus bayerischen Texten und Weltmusik. Am Ende wird mitgeklatscht und mitgesungen und die „Luftmentschn“ kommen nicht ohne zwei Zugaben davon. Nicht umsonst wird die talentierte Formation von der Yehudi-Menuhin-Stiftung gefördert. Und man darf gespannt sein, wie die Gruppe sich weiter entwickelt, wenn im Sommer dann ein fünftes Mitglied dazustößt.

Tina Chemnitz
(mit freundlicher Genehmigung der Pegnitz-Zeitung Lauf)