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Freitag, 6. Mai 2011, 20:00 Uhr Jacques StotzemSolistische Gitarrenmusik höchster Güte In der Simmelsdorfer Mühle hat der belgische Fingerpicking-Spezialist Jacques Stotzem am Wochenende die Temperatur um einige Grad ansteigen lassen – sowohl mit eigenen Stücken als auch eigenwilligen Interpretationen von Jimi Hendrix, U2 oder Rory Gallagher. Lis Graf, die Betreiberin der Mühle, war vom Konzert des Belgiers beim letzten Hersbrucker Gitarrenfestival begeistert und hatte ihn gleich gefragt, ob er auch auf kleineren Bühnen auftreten würde. Seine Zusage hat sie sowohl überrascht als auch sehr gefreut. „Catch The Spirit“ heißt Stotzems letzte CD. Dem Titel entsprechend versucht er, mit seinem Instrument Stimmungen zu transportieren. Der bekennende Hendrix-Fan heizt gleich zu Beginn mit dessen „Fire“ ein. Und das Publikum geht sofort mit, vor allem diejenigen, die mit der Rockmusik der sechziger und siebziger Jahre aufgewachsen sind. Stotzem führt selbst mit Charme und französischem Akzent durch sein Programm. Während er die Gitarre nach- oder umstimmt, moderiert er, vielmehr plaudert er entspannt mit dem Publikum. Seine verträumt-romantische Hommage an Verviers, seine Heimatstadt, versieht er mit der Bemerkung, dass der Ort in Wirklichkeit eher langweilig sei, und rät augenzwinkernd von einem Besuch ab. „With Or Without You“ von U2 gelingt höchst eindringlich, indem er fast sanft die Saiten streichelt, dann in den meditativ-rhythmischen Wiederholungen den Ton des Originals trifft, es aber in eine eigenständige Version verwandelt. Ebenso verfährt er mit „Come Together“ von den Beatles und „After The Goldrush“ von Neil Young. Das virtuose Fingerpicking hat er sich übrigens selbst beigebracht: Sein Vorbild an der akustischen Gitarre war der Amerikaner Stefan Grossman. Da der 16-jährige Jacques Stotzem sonst keine Gitarristen kannte, war er der Meinung, dass man so und nicht anders Gitarre spielen müsse – der Grund dafür, dass er heute zu den wenigen wirklich genialen und bekannten Spezialisten dieses Genres gehört. Sein Können zeigt sich nicht nur bei den fetzigen Stücken. Wenn er seine Eigenkompositionen spielt, wird die technische und musikalische Bandbreite offenbar: „Picking In Paris“ entspricht eher dem, was sich der Laie unter Fingerpicking vorstellt, versetzt mit einer Prise französischem Flair. Faszinierend ist es, wenn er mit seiner sechssaitigen Martin-Gitarre den Klang einer arabischen Laute imitiert, und dann unvermittelt losrockt, um das Ganze zu einem furiosen, groovenden Finale zu steigern. Mit „Purple Haze“ von Jimi Hendrix und einer halsbrecherischen Interpretation von „All Of Me“ und „Sweet Georgia Brown“ begeistert Stotzem das Publikum vollends, das sich zu Standing Ovations hinreißen lässt, worauf sich der Künstler mit einer temperamentvollen Gallagher-Zugabe verabschiedet. Anne Stegmeier |