Samstag, 21. April 2012, 19:30 Uhr

Klezzmates

Kein Halten mehr im Klezmer-Zug

Bild Nr. 120421-058: Tomasz Polak, Krzysztof Kossowski, Marcin Wiercioch, Jarek Wilkosz, Robert Milewski

Die „Klezzmates“, allen voran Marcin Wiercioch am Akkordeon, haben das Publikum überzeugt

Fünf Musiker aus Krakau haben in der Simmelsdorfer Mühle mit großer Perfektion und ebenso viel Temperament ihre ganz eigene, von Jazz und jiddischer Tradition sowie Balkanklängen geprägte Musik gespielt. Die „Klezzmates“ rissen das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

Ausgestattet sind die „Klezzmates“ mit Knopfakkordeon, Bass, Violine, Klarinette und Schlagzeug. Letzteres setzt ganz leise, aber rhythmisch akzentuiert ein, die anderen Instrumente kommen nach und nach dazu und weben einen fast sphärischen Klangteppich. Dann steigert sich das Ganze unvermutet zum wilden, übermütigen Tanz.

Dieser Kontrast ist es, der die Musik kennzeichnet: Melancholie und Lebensfreude wechseln sich immer wieder ab. Langsame, melodiöse Passagen gehen über in übermütige, spritzige und zum Tanzen verführende Klänge. Mal ist es ein getragener Walzer, der in einem ekstatischen Wirbel endet, mal sind es Passagen voller Trauer, Sehnsucht und Melancholie, die in einen wirbelnden Volkstanz im 7/8-Takt münden.

Ein Stück heißt, kennzeichnend für den spannungsgeladenen Aufbau der Kompositionen, „Two Faces Of Klezzmates“. Immer wieder scheinen diese zwei Gesichter durch, die Schwermut und überschäumende Lebenslust, verbunden mit musikalischem Temperament.

Eigentlich hat die Gruppe aber noch viel mehr Gesichter. Es gibt Stücke, da sind die Pausen so wichtig wie die Klänge, in die sich ganz selten mal ein Dur-Akkord verirrt. Es dominieren Moll-Akkorde und Skalen, die aus dem Jazz – daher auch die beiden „zz“ in „Klezzmates“ – und östlicher Volksmusik stammen, sowie die entsprechenden vertrackten „ungeraden“ Taktarten. Gelegentlich bricht sich aber auch die klassische Ausbildung der Musiker Bahn, wenn etwa der Violinist ein barockes Menuett intoniert.

Fantasie, Temperament, Spielfreude und die Kunst der Improvisation der Krakauer Profiinstrumentalisten sowie die Moderation durch den Kopf der Gruppe, den fantastischen Akkordeonisten Marcin Wiercioch, machen den Abend zu einem ganz besonderen Erlebnis für die Zuhörer.

Zwei Zugaben erklatscht sich das Publikum. Eine davon die phänomenale Fahrt mit der „Railroad“: Man hört den anfahrenden Zug, fühlt sich als Mitfahrer und lässt weite Landschaften des Balkans am inneren Auge vorbeirollen. Fazit: „Klezzmates“ sind – noch – ein Geheimtipp, wenn die Gruppe wieder in der Gegend ist. Hingehen lohnt sich.

Anne Stegmeier
(mit freundlicher Genehmigung der Pegnitz-Zeitung Lauf)