Freitag, 21. Oktober 2005, 20:00 Uhr

Viva Voce – The A Cappella Boyband

Fetziger Pop mit fünf Stimmen

Viva Voce“ – wer den Namen zuvor noch nicht gehört hatte, wird ihn sich merken und sich schwören, dass die Begegnung mit diesen fünf verdammt gut singenden Charmeuren in der Kulturscheune Schnaittach bestimmt nicht die letzte gewesen sein wird. Die fetzige Show, die sich hier auf der kleinen Bühne unter den Fachwerkbalken abspielte, war die Premiere eines angeblich „ruhigeren“ Programms. Da wurde man schon neugierig auf die mit Tanznummern aufgepeppte „Power“-Version, die das A-capella-Quintett normalerweise abliefert.

Viva Voce, die A Capella Boyband

„Viva Voce“ bei ihrem stürmisch umjubelten Konzert in der Kulturscheune

„A cappella“. Bei diesem Stichwort reagieren die meisten etwas reserviert. Kultivierte Stimmen, schön und gut. Aber Pop und Rock ganz ohne Gitarre und Schlagzeug mutet doch etwas dröge an.

Gleich mit ihrem zweiten Stück – nach einem hinreißenden „Tears In Heaven“ als Aufwärmer – beweisen die Fünf, dass sie „Hilfsgeräte“ in Form klassischer Instrumente einfach nicht benötigen. Sie machen – so der Titel des Songs – „alles mit dem Mund“. Wer die Augen schließt, hört das gesamte Instrumentarium einer Pop-Rock-Band, wer die Augen öffnet, sieht fünf hübsche Burschen mit Jeans, T-Shirts, Sakkos und Mikros und sonst nichts. Nur die Lippen bewegen sich, und bei Jörg, der „Percussionmaschine“ arbeiten Hände und Beine, als würde er ein Schlagzeug beackern.

Für das dritte Lied, wieder ein „ruhigeres“, bittet Tenor David die Gäste um Mithilfe beim Herstellen der passenden Atmosphäre. Aber es ist kein gepflegtes „Let It Be“, das ertönt, bei dem man flackernde Feuerzeuge schwenken könnte, sondern ein fetziger spanischer Rhythmus in bester Gipsy-King-Manier, zu dem die Zuhörer in der fast übervollen Kulturscheune ohne lange Aufforderung aus voller Brust und heftig dazu klatschend das „Volare, Cantare“ singen. Normalerweise würde es bis zur Zugabe dauern, bis das Publikum so aufgeheizt ist, „Viva Voce“ hat schon nach zwanzig Minuten zu allem bereite Fans. „Leiser“ verlangt David, „mal nur summen“, „jetzt nur die Frauen“ – die Gäste, jung wie alt, weiblich wie männlich, gehorchen aufs Wort und belohnen anschließend die Band und sich selbst mit enthusiastischem Applaus.

So geht der Abend weiter. Eigenkompositionen wechseln sich ab mit fantasievoll arrangierten Cover-Songs von Sting bis zu den Ärzten und Greenday. Lyrisch-Romantisches mit coolem Grunge. Genau überlegen, was hier technisch-musikalisch passiert, darf man sich nicht – es würde einem schwindelig dabei werden.

Ihr Handwerk gelernt haben David und Bastian (beide Tenor) sowie Thomas und Jörg (beide Bariton) schon in frühester Jugend im Windsbacher Knabenchor, Bass Heiko stieß später als Autodidakt dazu. In den ersten Jahren widmete sich „Viva Voce“ eher deutschem Liedgut und Liedern der Comedian Harmonists, seit 2001 hat sich die Gruppe – inspiriert durch die A-capella-Band „Wise Guys“ – auf Popmusik im besten Sinne verlegt und hierin ihr gesangliches Können zur Perfektion getrieben, ebenso wie ihre Bühnenshow.

Die in einem Lied besungene „Singsucht“ glaubt man den fünfen sofort, und dass sie die Damen ihrer Herzen mit Gesang betören – wie David in einem Song auf göttliche Weise vorführt – ist sowieso klar.

Deutschlandweit fragen Konzertveranstalter inzwischen nach Terminplanlöchern der Band, und wenn Franz Beckenbauer ein bisschen hellhörig ist, so wird nächstes Jahr „Viva Voces“ Hymne auf die Fußball-WM in Deutschland durch die deutschen Stadien hallen, und die Fans werden zu Tausenden singen „Das ist unser Jahr …“.

„Viva Voce, Viva Voce“ hauchte das Publikum in der Kulturscheune nach einem genialen Radio-Medley aus „Radio Gaga“, „Video Killed The Radiostar“ und „Radio Radio“, einem wilden Rock ’n’ Roll („Mama Lou“) und einer ans Herz gehenden Unplugged-Romanze („Du bist der Stern in meinem Raum“) als Zugaben-Marathon, um sich dann an die wohl charmanteste Werbung für gebrannte Musikprodukte zu erinnern, die man je gehört hat: „Nehmt uns fünf mit nach Haus und packt uns zärtlich aus, denn dafür können wir garantieren: Unsere CD wird euch verführen.“

Der Verkaufstisch war von Massen umlagert und wirklich keiner weiß, wie viele Autogramme David, Bastian, Thomas, Heiko und Jörg an diesem Abend noch gegeben haben …

Michaela Moritz
(mit freundlicher Genehmigung der Pegnitz-Zeitung Lauf)